Japan 2018: Tag 6 (20.03.)

Trotz durchwachsenen Wetters besuchte der Chor die Insel Miyajima. Das war nicht ganz ungefährlich, denn auf der Insel leben Rehe, die vorzugsweise Fahrkarten und Kleidung essen. Am Abend wurden wir von einer Delegation der Stadt und den örtlichen Verkehrsbetrieben empfangen.

Die ersten Tempelbesichtigungen

Einige Männerchoristen haben am Vortag eingekauft, sodass wir heute unser Frühstück mit Saft, Joghurt und MARMELADE erweitern können. (MIT Marmelade schmeckt es auch!) Danach gehen wir (im Regen) zur Fähre, die uns auf die heilige Insel Miyajima bringt. Eine kleine Truppe kommt nach – (kleine Ausnahmen bestätigen die Regel), aber wir können dann doch noch alle gemeinsam die Tempelanlage besichtigen.

Die heiligen Rehe auf der Insel sind sehr zutraulich und essen vorzugsweise Fahrkarten und Kleidung

Die Besichtigung beginnt mit dem Daisho-in-Tempel. Wir erklimmen die Stufen und hören gleich von einer äußerst praktischen Erfindung: Am Geländer befinden sich Gebetsrollen, man muss also nicht alle Gebete sprechen, sondern kann einfach im Vorbeigehen die Rollen drehen – damit ist das Gebet gesprochen! Im Inneren des Tempels ist man natürlich ohne Schuhe (alle Choristen haben lochfreie Strümpfe!), und ein buddhistischer Mönch erklärt uns unter anderem, dass es zwei Begierden gibt. Die eine ist eine positive, sie gibt Kraft für die Zukunft. Die andere ist die der Habgier: Wer was hat, will immer mehr. Diese Begierde ist noch nicht da, solange man im Mutterleib ist, sie kommt erst mit der Geburt. Also dürfen wir uns zur Reinigung durch einen dunklen Gang tasten, der uns sozusagen zurück in den Mutterleib bringt. Eine interessante Erfahrung. Danach sehen wir eine Gebetshalle mit Lichtern des Glücks für alle Haushalte an der Decke und unzählige Buddha-Statuetten. Über allem schwebt Räucherstäbchen-Duft. Von hier oben hat man einen schönen Blick über die pittoreske Hügellandschaft mit Flussläufen und auf das Festland.

Essen gibt es im Sitzen

Zur Mittagspause gibt es Aal auf Reis. Dazu setzen wir uns ganz traditionell auf die Bodenmatten an niedrige Tische in einem Raum nur für uns. Sehr liebevoll angerichtete Boxen. Vielen – wenn auch leider nicht allen – schmeckt Aal wider Erwarten sehr gut. Im Anschluss spazieren wir durch den Itsukushima-Schrein, das ist der mit dem berühmten Torii im Wasser (bei Flut). Dieses UNESCO Welterbe ist auf Pfählen gebaut und ganz aus Holz, immer wieder hat man den Blick auf das rote Tor. Beim Aufstellen zum Gruppenfoto am Ufer (trotz Regen und Wind) sieht man plötzlich ein blaues Etwas hoch in den Himmel auffliegen – und dann im Wasser landen. Die aus dem Wasser aufragenden Teile lassen den genauen Beobachter einen Schirm erkennen! Leider leider ist unser allgegenwärtiges Reporter-Team, das uns umfassend und professionell im Blick hat, wenige Sekunden zu spät am Ort des Geschehens.

“Die gucken so grimmig wie die Knaben im Konzert” – ein Chorist

Nun entscheidet jede Patengruppe selbst, ob sie sich noch auf der Insel umsehen will (den Berg hinauf, die Pagode, weitere Gebäude…) oder gleich zurück fahren will aufs Festland. Wir nehmen jetzt die kurze Strecke mit dem Boot und fahren dafür länger mit der Straßenbahn.

Am frühen Abend treffen wir uns in der Lobby und gehen in Chorpullis zum Empfang. Dort steht sehr leckeres Essen auf den Tischen, noch mit Klarsichtfolie abgedeckt. Unsere Befürchtung wird Wirklichkeit: Wir müssen uns in Geduld üben, ERST kommen die Reden! Allerdings sieht man auch hier wieder, wie wichtig unser Besuch genommen wird. Es ist ein Vertreter des Bürgermeisters da, der Pfarrer, ein Vertreter der Kinderorganisation von Hiroshima und ein Herr vom Straßenbauamt. Dieser erklärt uns, dass Hiroshima ein Teehaus nach Hannover geschenkt hat und im Gegenzug eine Straßenbahn erhalten hat. Alle bedenken uns wieder mit sehr herzlichen Worten, und Herbert Schur erklärt in seiner Ansprache, wieso die Reise überhaupt erst gewagt werden konnte, denn ohne Taka hier vor Ort würde ja gar nichts klappen, trotz der akribischen Vorbereitung durch Brigitte Schur: Eine ganz persönliche Freundschaft zwischen Takahisa und Schurs hatte vor einigen Jahren in Göttingen ihren Anfang genommen.

Nach dem Essen gibt es eine wunderbare Musikdarbietung mit Koto (ein liegendes Saiteninstrument) und Flöte. Beide Musiker in besonders schönen Gewändern. Unsere Sänger danken für diesen Empfang und Ohrenschmaus mit ihren Liedern, die sie auswendig und trotz voller Bäuche drauf haben. Die Gastgeber erbitten deutlich eine Zugabe – trotz der fortgeschrittenen Zeit, und das ist ja wohl das beste Zeichen!

Beim Verlassen des Saales erhalten alle wieder ein Geschenk: Tücher in einer Tragetasche mit dem Aufdruck einer Straßenbahn. Es geht also so geschenkefreudig weiter, wie es in Tokushima angefangen hatte. Dort hatte ja jeder Sänger das Stirnband als Geschenk bekommen, das wir bei der Feier getragen haben. Das Kofferwiegen am Schluss der Reise wird spannend werden!


Skip to content