Der Chor verabschiedet sich von seinen Gasteltern in Hitachi und singt sein krönendes Abschlusskonzert in der Marienkirche in Tokyo.
Der konzertante Höhepunkt der Reise
Es ist so viel Lob für unsere Sänger ausgesprochen worden, dass es an der Zeit ist, das Bild zu vervollständigen: Gestern musste das Team einmal deutlich seinem Ärger Luft machen. Das Team kann (abgesehen von Planungsaufgaben) sehr gerne für die Sänger in Windeseile Konzertkleidung bügeln, nähen, bereit legen, auswaschen, kann Sänger verarzten und kämmen. Was das Team auch kann, ist, immer wieder Müll wegzuräumen. Allerdings hat es festgestellt, dass, wenn sich die Sänger 10 Minuten in einem Raum aufgehalten haben, der Raum als einziges Schlachtfeld hinterlassen wird. Angefangene Getränkeflaschen, Papierchen, Essensreste… bedecken den Boden. Das fällt umso mehr auf, als in Japan zwar unendlich viel Verpackungsmüll produziert wird, aber trotzdem nirgendwo Müll herumliegt. Natürlich sind es in unserer Gruppe nur wenige, die (noch) nicht in der Lage sind, ihre Reste richtig zu entsorgen, und manch anderer hilft auch beim Aufräumen. Und vielleicht zeigt das alles ja auch nur, dass diese Sänger, die so großartige Leistungen vollbringen und so unglaublich sozial engagiert sind, eben doch AUCH ganz normale Jugendliche sind.
Beginnen wir mit dem heutigen Tag:
Am Morgen bringen uns unsere Familien zum Bus, der vor der Schule bereit steht. Dort gibt es ein großes Abschiednehmen, die Gastgeber eröffnen für und mit uns die Erdbeersaison, indem alle Erdbeeren erhalten. Wir singen ein Dankeslied, und dann gibt es viele Fotos und Umarmungen.
Der Bus bringt uns „nach Hause“ in Tokyo – in die gleiche Jugendherberge, in der wir schon vor wenigen Tagen waren. Dort angekommen, erleben wir unsere Jungs wieder von der vorbildlichen Seite: Die Busfahrer laden die Koffer aus, und unsere „Männer“ bilden wie im Flug eine Kette, um alle Koffer schnellstmöglich zum Eingang des Hotels zu schaffen. Wenige Minuten später stehen alle Koffer in Reih´ und Glied und werden in die Aufzüge verfrachtet. Erst dann steigen die „Knaben“ aus und wir treffen uns in dem Speiseraum. Dort werden vorbereitete Postkarten ausgegeben. Die Jungs haben „offizielle“ Dankeskarten zu schreiben und erhalten außerdem zwei Karten für den Eigengebrauch. Dann dürfen sich alle selbstständig im Haus mit einem Mittagessen ihrer Wahl versorgen, bevor wir aufbrechen zur St. Mary´s Kathedrale (nur eine U-Bahn-Station).
Wir erreichen den mächtigen Kirchenbau von 1964. Außen glänzen die geschwungenen, metallischen Außenwände, und beim Betreten des imposanten Innenraums wird man (trotz des Sichtbetons) sprachlos. Der Altarraum (wo der Chor stehen wird) erhebt sich in unglaubliche Höhe, das Licht von oben macht den Raum erhaben. Hier dürfen wir wirklich singen? – Schnell zur Stellprobe!
Unsere Sänger beginnen mit dem kräftigen Ruf „Wachet und betet!“ – Und für uns Hörer (und Beobachter) ist es herrlich, in die Gesichter der Sänger blicken zu dürfen: Alle sind zutiefst beeindruckt von dem gewaltigen Klang und dem langen Nachhall, den sie selbst zu erzeugen fähig sind. Versteht sich von selbst, dass das der krönende Abschluss werden wird, obwohl die Kräfte schon reichlich erschöpft sind.
Da die Jugendherberge nicht weit ist, fahren wir zurück, beziehen die Zimmer, ruhen etwas aus, essen extra für uns gebackenes Roggenbrot und ziehen uns um.
Der Anblick in der Metro ist auch nicht schlecht: 60 feine Herren mit schwarzen Mappen in den Händen ziehen durchaus die Blicke der Reisenden auf sich!
Die Kathedrale ist gut besucht, und das Konzert beginnt mit dem Chor der „Großen“ des NHK-Mito-Childrens Chorus, der japanische Lieder schwebend leicht vorträgt. Danach tritt der Göttinger Knabenchor auf. Er hält, was die Stellprobe versprach: Sein fulminanter Klang erfüllt den gewaltigen Kirchenraum. Der lange Nachhall erfordert genaues Befolgen der (verlangsamten) Zeichen des Dirigenten, was jedoch optimal gelingt. Auch die Mariengesänge des Männerchores (in der Marienkirche!) vermitteln durch die klösterliche Akustik einen erhabenen Ostermontags-Eindruck. Ebenso geht es einem mit dem virtuosen Orgelspiel von Yu Sasaki. Den Abschluss bilden die Stücke, die die Chöre gemeinsam einstudiert haben. Hatte man in der Aula der Schule den Eindruck, dass das maximale Klangvolumen erreicht war, erlebte man hier, was es bedeutet, in solch einer Kathedrale auftreten zu dürfen! Sänger wie Zuhörer waren begeistert, und unsere japanischen Kollegen durften im Umkleideraum (gleichwohl befremdet und belustigt) miterleben, wie sich unsere Sänger die Anspannung aus der Seele singen.
Mit der U-Bahn geht es zurück, wo unsere Organisatoren Taka und Brigitte bereits für ein gemeinsames Abendessen gesorgt haben. Ihnen und allen anderen Beteiligten der erfolgreichen Reise wird gedankt. Heute darf gefeiert werden!!!